Umsatzerlöse verstehen

Bisher hatten wir grundsätzliche Betrachtungen zur BWA angestellt. Ab jetzt arbeiten wir uns Schritt für Schritt und „von oben nach unten“ durch die einzelnen BWA-Positionen. Dazu beginnen wir mit den Umsatzerlösen, die ganz oben in der BWA stehen.

Es ist keineswegs auf den ersten Blick klar, was ein Umsatzerlös genau ist: Wer Umsatzerlöse verstehen will, muss einige Fragen klären. Wenn ein Unternehmen eine Rechnung verschickt, die aber noch nicht bezahlt wurde, ist das schon ein Umsatzerlös? Oder erst, wenn das Geld eingeht? Wenn ein Lieferwagen, der seit vielen Jahren genutzt wird, nun verkauft wird, ist das ein Umsatzerlös?

Vorweg: Die versandte Rechnung ist ein Umsatzerlös, der Verkauf des Lieferwagens nicht. (Hinweis für Profis: In der GuV zählt der Verkauf eines Anlageguts mittlerweile als Umsatzerlös, in der BWA belasse ich es lieber bei den „Sonstigen betrieblichen Erträgen“). Bevor wir aber zu genaueren Betrachtung kommen, nochmals der Hinweis: Orientieren Sie sich nicht an den gesetzlichen Definitionen! Versuchen Sie stattdessen, die betriebswirtschaftliche Denkweise zu verstehen, die sich hinter dem Begriff „Umsatzerlöse“ verbirgt.

Umsatzerlöse definieren

Wer legt denn fest, was ein Umsatzerlös ist? Da gibt es verschiedene Protagonisten, die diese Definitionshoheit  gerne für sich in Anspruch nehmen. In der Regel sind das der Gesetzgeber einerseits und die Kaufleute (Betriebswirte)  andererseits.

Diese Definitionen können voneinander abweichen, wobei Gesetzgeber in der Regel viel expliziter sein müssen, schließlich haben solche gesetzlichen Definitionen Auswirkungen auf die Besteuerung, auf die Umsatzsteuer zum Beispiel. Aber auch der Ausweis in der Gewinn- und Verlustrechnung wird davon berührt.

Kaufleute hingegen denken grundsätzlicher. Und weil sie das System der doppelten  Buchführung vor über 700 Jahren erfunden – oder zumindest groß gemacht – haben (ein Mönch schrieb erstmals 1492 darüber) bleiben wir bei der grundsätzlichen Betrachtung. Sie ist die wichtigere Sichtweise für Entscheidungen und ohnehin Voraussetzung, wenn man anschließend gesetzliche Regeln verstehen will.

Es kann also sein, dass im Einzelfall hier von Erklärungen lesen, die von der Definition des Gesetzgebers abweichen. Für Entscheider ist viel wichtiger, das kaufmännische Grundprinzip von BWA-Positionen zu verstehen.

Merkmale der Umsatzerlöse

Werden Waren und Dienstleistungen verkauft, so spricht man von „Umsatzerlösen“, dadurch erzielt das Unternehmen „Erträge“. Erträge sind Geschäftsvorfälle, die das Unternehmen reicher machen. Umsatzerlöse ist eine Ertragsart, es gibt weitere. Seit Jahrhunderten möchten Kaufleute wissen, wie viel Geld sie für ihre Waren und Dienstleistungen erhalten, sei es sofort in Form von Bargeld oder durch andere Zahlungsmethoden oder in Form von Forderungen, die erst einige Zeit später zu Geldeingängen führen.

Das ist die wesentliche Frage, die Kaufleute umtreibt, wenn sie von Umsatzerlösen sprechen: Was bekommen wir für unsere Waren und Dienstleistungen? Das ist der Betrag, der in der Rechnung steht. Das, was Kunden zu bezahlen haben.

Von den Umsatzerlösen zieht man gängige Reduzierungen ab, etwa gewährte Rabatte. Auch die Umsatzsteuer zählt nicht zu den Umsatzerlösen, denn sie wird zusätzlich erhoben und an den Fiskus abgeführt. Wie im Blogpost zum „eigentlichen Geschäftszweck“ erläutert, geht es um berechnete Waren, Dienstleistungen, Vermietungen, Verpachtungen, generell: Um Produkte.

Der kaufmännische Charakter von Umsatzerlösen

Auch der Gesetzgeber definiert in Gesetzbüchern und Verordnungen den Begriff Umsatzerlös. Allerdings nicht für die BWA, sondern für die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV), weshalb dies hier nur mit Einschränkungen relevant ist. Auf die GuV und auf ihre Unterscheidung zur BWA gehe ich an anderer Stelle ein. Und Gesetzestexte ändern sich ständig, sie können von Land zu Land variieren und sie sind nicht immer zwingend an betriebswirtschaftlicher Logik orientiert.

Umsatzerlöse haben den kaufmännischen Charakter, dass sie erfolgswirksam sind, liquiditätswirksam sein können (bei sofortiger Zahlung statt Zahlungsziel) und damit in der Bilanz über den „Jahresüberschuss“, zu dem sie beitragen, das Eigenkapital erhöhen.

Umsatzerlöse betriebswirtschaftlich denken

Denken Sie also kaufmännisch, nicht gesetzlich. Wir reden über die BWA, nicht die Gewinn- und Verlustrechnung, auch wenn im ersten Schritt eine BWA in Analogie zur GuV erstellt wird.

Den Begriff der Umsätze gibt es seit Jahrhunderten, weit und lange bevor es steuerrechtliche Konstrukte im heutigen Sinne gab. Natürlich gab es Steuern, die gab es immer. Auch Steuergesetze gab es, aber nicht in dem Sinne der heutigen Detailregelungen des deutschen Steuerrechts. Falls Sie sich doch weiter in Rechtliches einlesen wollen, finden Sie hier einen gut geschriebenen Artikel bei Haufe.

Forderungen und Umsatzerlöse

Bleibt noch zu klären, warum eine versandte Rechnung die Umsatzerlöse erhöht, obwohl der Kunde noch nicht gezahlt hat, zum Beispiel weil er (oder sie) 30 Tage Zahlungsziel in Kauf nimmt.

Nun, versandte Rechnungen sind ein Wert. Sofern, was ich unterstelle, die Rechnung berechtigt ist, stellt sie einen Rechtsanspruch auf Zahlung dar: eine Forderung, die eingeklagt werden kann. Damit steigt das Vermögen des Unternehmens, zwar nicht durch Bargeld oder Bankguthaben, aber durch mehr „Forderungen“.

Dass Forderungen einen Wert erstellen, erkennen Sie schon daran, dass Sie sie verkaufen können: Sogenannte Factoring-Unternehmen kaufen gegen Gebühr Forderungen auf und erhalten dann die Zahlung direkt vom Schuldner.

Soweit die oberste Zeile der BWA: Umsatzerlöse. Von diesen Verkäufen der Produkte und Dienstleistungen werden dann nach und nach die Aufwendungen abgezogen, teils auch wieder Erträge, die nicht Umsatzerlöse sind, hinzugerechnet. Doch dazu mehr in den kommenden Blogposts.