Internetmarketing „für Juristen“? Ein Interview.

Ralf Zosel

Ich dachte, jetzt frage ich einfach mal zurück: Ralf Zosel ist auf Internetmarketing für Anwaltskanzleien spezialisiert. Wir lernten uns bei einem Vortrag kennen und er wurde neugierig, wieso ich mich u.a. auf den Bereich Rechnungswesen für Juristen spezialisiert hatte. Schließlich sei das Prinzip des Rechnungswesen doch allgemeingültig.

Was mich zu der Gegenfrage veranlasste, welche Vorteile ein auf die Branche der Anwälte spezialisiertes Internetmarketing brächte. In meiner laienhaften Vorstellung ging es um Keywordrecherchen, Kampagnen, Anzeigenoptimierung, Splitttests und mehr, die branchenunabhängig verlaufen sollten.

So entspann sich ein anregender und interessanter Austausch und es wurden zwei gegenseitige Interviews daraus: Hier meine neugierigen Fragen zu seinem Spezialthema. Interessant für alle Juristen, die ihre Kanzlei online exzellent vermarkten wollen.

Hintergrund

Herr Zosel, einen spannenden Ansatz haben Sie: Internetmarketing speziell und zielgenau für Juristen. Was hat Sie dazu bewogen, sich genau diese Zielgruppe herauszusuchen?

Computer und später das Internet haben mich schon immer fasziniert. Dann habe ich aber doch ganz normal Jura studiert. Im Referendariat ergab sich die Gelegenheit, die Wahlstation bei juris zu absolvieren. Dort bin ich dann ins Online-Marketing geraten und hängengeblieben. Als ich dann nach einigen Jahren zu C.H.Beck wechselte und das Beck-Blog übernahm, kam ich auf die Idee, auch unter eigenem Namen zu bloggen und da ich ja auch Rechtsanwalt bin, bot sich das Thema “Mandate online akquirieren” irgendwie an.

Internetmarketing ist Internetmarketing. Der Google Algorithmus funktioniert immer gleich. Warum braucht man jemanden, der dies speziell für Juristen macht?

Viele meiner Kundinnen und Kunden schätzen es, dass sie mit mir als Kollegen auf Augenhöhe reden können. Vor zwei Jahren rief mich mal eine Kundin an, am späten Nachmittag: Sie habe einen “dicken Fisch” an der Angel und ich solle ganz schnell dafür sorgen, dass sie für ein ganz bestimmtes Thema im Internet gefunden werde.

Ich fragte sie noch ein bisschen aus und schon am nächsten Morgen ging die Landingpage mit entsprechender Google-Ads-Kampagne online. Mit Anzeigen, mit Texten, mit Online-Formular und allem drum und dran. Die Korrekturen waren marginal.

Das kann man machen, wenn man selbst Jurist ist und ein bisschen Erfahrung hat. Marketingtechnisch hat die Sache übrigens auch funktioniert und das beste ist: Wir entwickeln diese Kampagnen immer weiter, die sind nach wie vor online und bringen regelmäßig neue Anfragen in die Kanzlei.

Verraten Sie mal ein paar Geheimnisse: Wie gehen Sie vor und auf was muss man achten, wenn man speziell als Anwältin oder Anwalt im Internet erfolgreich auftreten will?

Das sind alles gar keine Geheimnisse. Das Internet ist voll von Tipps und vieles davon funktioniert wirklich. Man muss es halt nur machen. Am Wichtigsten ist wahrscheinlich, dass man sich selbst erst einmal klar macht, was man eigentlich will. Nur wer hier Klarheit hat, kann das im Internet überzeugend vermitteln. Ich erlebe das immer wieder, dass wir erst einmal das Kanzlei-Profil schärfen müssen, bevor wir uns an die Gestaltung der Website machen können.

Was müssen Kanzleien vorbereiten, damit Sie erfolgreich arbeiten können, benötigen Sie Zuarbeit oder kann man praktisch die komplette Arbeit an Sie auslagern?

Manche Kolleginnen und Kollegen haben sich über Jahre schon selbst umfangreiche Websites und erfolgreiche Google-Kampagnen aufgebaut. Da greife ich dann natürlich gerne drauf zurück und entwickele diese weiter. Die sind dann oft sehr interessiert, was ich da genau mache. Am meisten überzeugt dann, wenn ich zum Beispiel nach ein paar Jahren zeigen kann, dass ich das Google-Budget halbiert und die Anzahl der Anfragen verdoppelt habe – bei besserer Qualität der Anfragen.

Im Grund genommen genügt es aber, wenn ich mit den Kolleginnen und Kollegen herausarbeite, was die eigentlich wollen und dann lege ich los, natürlich immer in enger Abstimmung mit den Kunden.

Wie die Kampagnen laufen und wie viele Anfragen reinkommen, sehe ich dann an den Zahlen. Noch besser ist natürlich, wenn ich auch Feedback zur Qualität der Anfragen bekommen. In der Praxis läuft das so, dass wir uns alle paar Wochen oder Monate per Zoom oder TeamViewer verabreden.

Wie bilden Sie sich fort, um in diesem extrem schnelllebigen Geschäftsfeld immer topaktuell zu sein?

Also zum einen verbringe ich ja praktisch den ganzen Arbeitstag im Internet und da bin ich ständig am recherchieren und stoße auf interessante Beiträge in Blogs, auf Twitter, in Foren usw. und ich beteilige mich auch aktiv an der Diskussion. Auch mit Google bin ich im steten Austausch; als Google-Partner habe ich da spezielle Ansprechpartner. Ach so: Im September gehe ich endlich mal wieder in echt zu einem Barcamp (zum Thema Suchmaschinen-Werbung).

Wie internetaffin sind die Kanzleien in Deutschland Ihrer Meinung nach aufgestellt und was sind die größten Defizite?

Da muss ich passen, da habe ich keinen Überblick, das sind einfach zu viele. Mit Studenten an der Uni Saarbrücken hatte ich mal ein Projekt, in dem wir Anwaltsportale – nicht Anwaltswebsites – gesammelt und klassifiziert haben. Schon vor 8 Jahren kamen wir auf 174 (!) Portale.

Handfest Schritt für Schritt: Wenn jemand eine eigene Kanzlei gründet und sich im Internet erfolgreich positionieren will, wie muss diese Person vorgehen, was muss in welcher Reihenfolge erledigt werden?

Da würde ich mit einem entschiedenen “das kommt drauf an” kontern. Manche fangen mit der Positionierung schon im Studium an. Ich hatte dazu mal im Beck’schen Studienführer was veröffentlicht: “Online an der Karriere basteln”. Andere machen jahrzehntelang gar nichts und dann kommen die zu mir und dann klappt das trotzdem.

Was muss man investieren, wann und in welchem Umfang sind konkrete Resultate zu erwarten?

Auch hier kommt es wieder drauf an. Wer bei Google in den kostenlosen sog. “organischen” Treffern für interessante Suchanfragen präsent sein will, der fängt am besten an zu bloggen. Mühsam, aber lohnt sich. Wer diesen Aufwand scheut und lieber Anzeigen bei Google schaltet, braucht ein Werbebudget. Als Faustformel sage ich immer: Mit 300 € Anzeigenbudget im Monat kann man schon was machen. Aber der Mark ist umkämpft und man muss die Kampagnen wirklich akribisch aufbauen und am Ball bleiben.

Meine Verträge haben immer 3 Monate Mindestvertragslaufzeit und verlängern sich dann von Monat zu Monat. In aller Regel gelingt es mir, dass sich die Kampagnen für die Kolleginnen und Kollegen dauerhaft lohnen und alle Beteiligten Spaß machen.

Was sind die drei größten Fehler, die Kanzleien im Internetmarketing machen?

Den Online-Auftritt vernachlässigen. Die falsche Agentur beauftragen. Und das mit dem Paragraphenzeichen im Logo hat sich in den letzten Jahren zum Glück ja schon deutlich gebessert.

Vielen Dank für das Interview!

Ralf Zosel erreichen Sie unter https://ralfzosel.de